21 Juni 2007

ecce homo

Die blauen Augen unter ihren blonden Haaren schauten in die Ferne, sie war jung und dick. Sie sagte nichts, sie schaute nur.

War es die Vergangenheit oder die Zukunft, an die sie dachte? Waren es Träume und Gedanken an Liebe? Oder die Erinnerung an einen Fluch, der ihre Mundwinkel erschlaffen ließ?

In den blaugrauen Kleidern war sie eine graue Maus. Ihr Körper war groß und mächtig und die Zähne schief.


(Jesus nun ging hinaus und trug die Dornenkrone und das Purpurkleid. Und er spricht zu ihnen: Siehe, der Mensch!) Joh. 19,5

08 Juni 2007

Memento mori et carpe diem

Was machst du, wenn das Unverrückbare geschieht? Wenn der sprichwörtliche letzte Zug abgefahren sein wird. Wenn du ihn hast wegfahren lassen, ohne einzusteigen, weil du angenommen hast, er sei der vorletzte?

Schlimmer noch. Du hast einer weiteren Mitfahrgelegenheit, die sich dir geboten hat, „Nein. Danke“ zugerufen, in der Überzeugung, du hättest noch Zeit und der eigentliche Zug, der auf den du wartest, der dich mitnimmt, würde noch kommen.

In Wirklichkeit aber kann dein Zug nicht mehr kommen, eben weil er schon abgefahren ist. Und dann merkst du es. Die Augen gehen dir auf und du stellst fest, dass du jetzt nicht mehr bequem nach Hause kommst. Ja, dass du eigentlich überhaupt nicht weißt, wie du nach Hause kommst.

Wie geht es dir denn damit, dass du nichts machen kannst? Hätte, wenn und aber...

Es ist nicht schlimm, wenn es sich wortwörtlich nur um einen letzten Zug handelt. Weit mehr verhängnisvoll ist es, wenn du den rechten Zeitpunkt, den Kairos, für das Gelingen des eigenen Lebens verpassen wirst.