18 Dezember 2006

Invasion der Sprachlosigkeit

Seit einigen Wochen lassen sich an unzähligen Häusern (und dort an den klassischen Arbeitsplätzen der Einbrecher, wie Fenster, Balkone, Terrassen, Gartenzäune, ja sogar Häuserwände) rotgekleidete Männlein beobachten, die mit einer unheimlichen Ausdauer und mit oft außergewöhnlichen Bewegungsfähigkeiten ihres Skelettsystems versuchen, die genannten Hindernisse zu bewältigen, um ins Innere der Wohnung zu gelangen.

Wozu aber tun sie das? frag ich. Natürlich nicht die - so genannten - Weihnachtsmänner sondern die Menschen.
Diese wunderliche Körperhaltung, die ihnen von Menschen verliehen wird, ist natürlich das wohl letzte Überbleibsel (lat.: reliquiae) der Legende vom Heiligen Nikolaus, der, um seinem verarmten Nachbarn und dessen drei Töchtern zu helfen, sich drei Mal an das Fenster des Hauses herangeschlichen und einen Goldklumpen hineingeworfen hatte.

Ich finde es erstaunlich, dass Menschen hier eine Zeichensprache verwenden, deren Bedeutung ihnen nicht mehr ganz geläufig ist und die sie aus irgendeinem, mir unerklärlichen Grund, dennoch benutzen wollen. Sie wollen in der Vor-Weihnachtszeit nicht schweigen.

In ihrer Sprachlosigkeit stottern sie aber Begriffe und stolpern über Zeichen, weil sie ihre unterschiedlichen Bedeutungen und Inhalte miteinander vermengt haben.

Manchmal setzen sie sogar so viele Zeichen, dass sich dem Betrachter der Gedanke an eine abgewandelte Form der Reliquienverehrung wie von selbst aufzwängt.

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