24 Dezember 2006

emmanu 'el

Heute bei einem Gottesdienst mit Krippenspiel gewesen, bei dem die Frohe Botschaft, die einst über den Hirtenfeldern um Bethlehem ertönte, nach allen Regeln der gemeindepastoralen Un-Kunst ausgeschlachtet wurde.

Dass die Gute Nachricht trotzdem glaubhaft erklang, war vor allem der bekannten Begabung der Kinder zur Schauspielkunst zu verdanken, mit der sie die Kernaussagen des Weihnachtsfestes ungezwungen und wie Selbstverständlichkeiten präsentierten.

Hinter dem Tun der jüngsten Gemeindemitglieder konnte man unschwer das Bemühen der Erwachsenen erkennen, an der überlieferten Wahrheit festhalten zu wollen. Das Weiterführen der religiösen Tradition, ja sogar ihr Wachsen selbst, kann man wohl in der modernen Welt nur selten mit eigenen Augen und auf eine ähnlich eindrucksvolle Weise beobachten.

Die meisten gottesdienstlichen Texte, von Erwachsenen vorgetragen, wurden allerdings sehr lieblos behandelt und unter ihrem wahren Wert verkündet. Vieles (die Musik, das „fröhliche“ Singen, die Gesten und die Körperhaltung) galt dem Äußeren, das Verborgene blieb verborgen; gefeiert wurde die Tradition und die weihnachtliche Stimmung.

Die Perlen blieben aber trotz allem, was sie waren, heute noch sind und immer sein werden: Perlen. Die Leuchtkraft der Sätze wie:

„In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl...“
oder
„... Und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war...''

ließ sich auch durch noch so grobe, menschliche Unzulänglichkeit nicht mindern und schon gar nicht verdecken.

Wir alle sind nur mittelmäßige Arbeiter im Weinberg des Herrn (man könnte uns auch synonym als Sünder bezeichnen) und es ist gut, dass wir uns heute vergegenwärtigen dürfen:

„uns ist der Retter geboren, er ist der Messias, der Herr„ (Lk, 2,11).

21 Dezember 2006

Dank

"..Manche Blogs im WWW sind für den einen oder anderen User schon genau so zur Pflichtlektüre geworden, wie die Tageszeitung. Was manche Blogger da zum Besten geben, kann sich durchaus mit der flinken und spitzen Feder eines Spiegel-, Bild- oder FAZ-Reporters messen aber mit dem Unterschied, dass die Blogger und Logger nicht für Geld, sondern für sich und andere schreiben. Jeder ist sein eigener Chefredakteur und bestimmt damit das Geschehen auf seiner Seite..."

Vielen Dank für die freundliche Erwähnung.

Stimmung und Sehnsucht

Ich war heute wieder mal der Antwort auf der Spur, warum wir die Adventszeit zu einer ''Weihnachtszeit'' umgestaltet und überhaupt zu dem gemacht haben, was sie heute ist.

Naldo, der brasilianische Spieler von Werder Bremen, sagte indirekt zu diesem Thema (sinngemäß und der FAZ vom 19.12 zufolge), dass er die "Weihnachtszeit" in Deutschland wegen ihrer besonderen Stimmung schätzt, die so oder in ähnlicher Weise in seiner Heimat, unter anderem wegen der sommerlichen Temperaturen, nicht aufkommen will.

Damit hat mir der Fußballer mit einem Paß aus der Tiefe des Raumes das Stichwort serviert, das ich hier gerne aufgreife: ''Stimmung''. Es ist wohl so, dass wir an der "Weihnachtszeit" am meisten ihre einmalige Stimmung genießen.

Beim Spaziergang am Abend sah ich tatsächlich einige geschmückte Fenster mehr als noch am Vortag. Die Lichterketten in weiß, rot, grün oder blau, auch von Türrahmen oder sogar von Bäumen und Sträuchern getragen, strahlten eine angenehme Wärme aus.

Der Kontrast zwischen einerseits der immer mehr erkaltenden Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen und anderseits dem Versprechen, die ersehnte Wärme und Geborgenheit in der familiären Umgebung zu finden, könnte kaum besser symbolisiert werden, als durch diese Wärme, mit der die beleuchteten Fenstern erstrahlen.

Durch ihr bloßes Leuchten widersetzten sie sich der Dunkelheit. Wie eine hoffnungsvolle Zusage ergoß sich aus den hellen Vierecken das Licht, als könnte es nicht nur Nacht, sondern auch die winterlichen Temperaturen besiegen.

Die Menschen feiern die Geburt des Königs des Lichts nicht mehr, aber sie tragen in sich noch immer die Sehnsucht nach Wärme, Geborgenheit und Liebe.

18 Dezember 2006

Invasion der Sprachlosigkeit

Seit einigen Wochen lassen sich an unzähligen Häusern (und dort an den klassischen Arbeitsplätzen der Einbrecher, wie Fenster, Balkone, Terrassen, Gartenzäune, ja sogar Häuserwände) rotgekleidete Männlein beobachten, die mit einer unheimlichen Ausdauer und mit oft außergewöhnlichen Bewegungsfähigkeiten ihres Skelettsystems versuchen, die genannten Hindernisse zu bewältigen, um ins Innere der Wohnung zu gelangen.

Wozu aber tun sie das? frag ich. Natürlich nicht die - so genannten - Weihnachtsmänner sondern die Menschen.
Diese wunderliche Körperhaltung, die ihnen von Menschen verliehen wird, ist natürlich das wohl letzte Überbleibsel (lat.: reliquiae) der Legende vom Heiligen Nikolaus, der, um seinem verarmten Nachbarn und dessen drei Töchtern zu helfen, sich drei Mal an das Fenster des Hauses herangeschlichen und einen Goldklumpen hineingeworfen hatte.

Ich finde es erstaunlich, dass Menschen hier eine Zeichensprache verwenden, deren Bedeutung ihnen nicht mehr ganz geläufig ist und die sie aus irgendeinem, mir unerklärlichen Grund, dennoch benutzen wollen. Sie wollen in der Vor-Weihnachtszeit nicht schweigen.

In ihrer Sprachlosigkeit stottern sie aber Begriffe und stolpern über Zeichen, weil sie ihre unterschiedlichen Bedeutungen und Inhalte miteinander vermengt haben.

Manchmal setzen sie sogar so viele Zeichen, dass sich dem Betrachter der Gedanke an eine abgewandelte Form der Reliquienverehrung wie von selbst aufzwängt.

Himmel über meiner Stadt


08 Dezember 2006

Denk-Aufgabe

Seit Anfang Dezember mache ich mir Gedanken über die Einstellung des Menschen der Gegenwart zur Weihnachtszeit (genauer gesagt: zur Vor-Weihnachtszeit oder noch genauer: zur Adventszeit).

Die abgelichtete Einladung habe ich heute in meiner Stadt gefunden. Dass gerade diese Zeit des Jahres eine besondere Wirkung auf die Menschen unseres Kulturkreises ausübt, ist nicht zu bestreiten. Andernfalls würden die weihnachtlichen Motive für die Werbemacher, die über sehr feine Techniken zur Entdeckung und Bestimmung unserer aktuellen Bedürfnisse verfügen, kaum von Interesse sein. An den Schnittstellen zwischen menschlichem Wollen und Haben setzten sie dann Mechanismen ein, die zum Ziel die Potenzierung des Konsums haben.

Der Dilettantismus ihrer (ich will das gar nicht in Zweifel ziehen: sicherlich anstrengenden) Arbeit wird aber in Entwürfen, wie diesem deutlich. Die verwendeten Motive wurden - meiner Meinung nach - hier zu einem sehr unbestimmten "Klumpen" zusammengesetzt.

Was sehen wir? Auf der gelb-schwarzen Tafel, die einer Baustelleninformation gleicht, können wir die Substantive Geschenk, Himmel, und das Verb Kommen lesen. Sie wird von einer lächelnden Frau im weiß-roten Kleid und mit blonden Haaren gehalten.

Alle einzelnen Elemente des Bildes, bzw. die Assoziationen, die sie hervorrufen (wie: Engel, Himmel, Schenken, Beschenkt-Werden, Freude-Haben, In-den-Himmel-Kommen, usw.), haben zwar alle etwas mit Weihnachten zu tun, aber - so meine ich - nur unter bestimmten Bedingungen etwas gemeinsam und schon gar nichts mit der eigentlichen Adventszeit zu tun.

Die Idee und ihre Gestaltung gibt uns hingegen eine hervorragende Möglichkeit, Schlüsse zum Verständnis von Advent, die der Mensch von heute hat, zu ziehen. Sicherlich: manch einer wird sich angesprochen fühlen und darauf kommt es ja bei der Werbung schließlich an. Doch beim genauen Hinsehen wird die Erbärmlichkeit der entstandenen Mixtur mehr als deutlich. Die drei hauptsächlich gebrauchten Motive (Himmel, Engel, Kommen) werden hier ihrer eigentlichen Bedeutung beraubt und pervertiert.

Ich möchte meine Blog-Leser zu einem Spiel um die Deutung dieses aus Pappe angefertigten Werks einladen. Was sagen die gebrauchten Motive über das heutige Verständnis der Vor-Weihnachtszeit aus?

...

Habe in letzter Zeit nichts geschrieben,
weil ich fast ununterbrochen gearbeitet habe.

Dabei habe ich mal wieder die Erfahrung gemacht, dass man nach acht Stunden im Dienst froh ist, einfach nichts tun zu müssen...

Tja "panem et circenses"... ich fange an, BIDL-Leser und RLT 2-Zuschauer zu verstehen

Aber ich bleibe "am Ball" und werde am Wochenende meine Gedanken sortieren

29 November 2006

Am Rande

Bemerkt habe ich ihn nicht gleich, er saß ja irgendwie abseits, versteckt. Es war um die Mittagszeit. Ich saß ihm gegenüber... etwa 20 Meter von ihm entfernt und wartete auf den Bus. Ich hatte Zeit und beobachtete ihn eine Weile.
Warum hatte er sich denn nicht auf die Bank gesetzt? Er ging ja sicherlich an ihr vorbei und musste sie gesehen haben; stattdessen funktionierte er seine voll bepackte Tasche in eine Sitzgelegenheit um.

Menschen in winterlicher Schutzkleidung durchquerten den Raum zwischen uns. Der Mann war damit beschäftigt, etwas zu essen und beachtete nicht, was um ihn geschah. Er saß am Rande. Es war kalt an diesem Tag. Wollte er die Bank, die jemand für die Bürger der Stadt gestiftet hatte, nicht für sich beanspruchen, weil er zu ihnen nicht gehört? Oder lehnte er sie ab, weil das kalte Metall ihm die eigene Körperwärme rauben würde?

Die Kälte, ja die Kälte war es.
Ich hatte zu lange darüber nachgedacht, ob ich ihm nicht einen Kaffee anbiete. Er stand auf, nahm die Tasche und ging.

24 November 2006

Die Schlange macht Werbung. Die Mutter schweigt

Es gibt einen besonderen der vielen Gründe dafür, warum es in der so genannten Wohlstandsgesellschaft schwierig ist, ein christliches Leben zu führen, welches das jesuanische Armutsideal nachzuahmen versucht. Der Konsum.

In christlichen Bildern gesprochen, agieren die Werbemacher vielfach wie das bekannte Kriechtier aus dem hebräischen, ersten Buch der Torah. Der Werbepsychologe entdeckt die emotionalen Bedürfnisse der Käufer


("Die Schlange war schlauer als alle Tiere des Feldes, die Gott der Herr gemacht hatte")

und spricht oft diese scheinbar unbeteiligt an.


("Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen?")

Oder er behauptet etwas, wovon man vorerst nicht weiß, ob es wahr oder unwahr ist.

("Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werden wie Gott und erkennt Gut und Böse")

Nicht selten sieht dann der Umworbene,


dass es köstlich ist, von dem Baum zu essen und dass der Baum eine Augenweide ist und dazu verlockt, klug zu werden".


Wenn nicht schon früher, dann spätestens an diesem Punkt angekommen, sollte sich jeder Konsument christlicher Prägung an diese Paradies-Geschichte erinnern. Die Freiheit der Entscheidung ist uns gegeben, weil wir die finanziellen Mittel besitzen, uns dies oder jenes zu leisten. Ich persönlich stehe häufig vor der Frage: Muss ich diese Sache denn unbedingt haben? Es ist schwer, die Grenzen der Genügsamkeit abzustecken. Unsere Mutter K. hat sich, soweit mit bekannt ist, aus dem Bereich solcher alltäglichen "Erziehungsfragen", die Ihre Kinder beschäftigen, weitgehend zurückgezogen.

Geschieht das aus der falsch verstandenen Angst, ihre Kinder dadurch zu verlieren; werden sie doch auch als Kinder der modernen Gesellschaft betrachtet und dadurch für mündig gehalten..? Oder kümmert sie sich vielmehr aus Bequemlichkeit um diese Problemfragen nicht?

18 November 2006

Dieser Film ist sehenswert...


"Mein Leben ohne mich"
(My Life Without Me) Kanada/Spanien 2002 ...

... ist eine Geschichte über das Abschiednehmen vom Leben inmitten des Lebens.
Meiner Ansicht nach, die modernste Adaptation des mittelalterlichen memento mori-Gedanken. Meisterlich, weil unbeschwert und sensibel zugleich erzählt, so als würde es sich bei dem Thema um das Selbstverständlichste handeln.

Sonntag, 19. November 23:30, ARD

13 November 2006

Über die Be-Deutung der Gegenstände

"Meine Tochter ist unlängst acht Jahre alt geworden. Sie hört gerne Musik, nicht unbedingt nur Kinderlieder. Sie ist auch gegen manche Bands nicht abgeneigt, die mehr aus der alternativen Ecke kommen. Vielleicht liegt das daran, dass sie schon in Mamas Bauch diese Musik "hörte"; damals wurde sie in unserer Wohnung oft gehört.
Wie auch immer... Weil sie gerne Musik hört, hat sie sich zu ihrem achten Geburtstag einen MP3-Player gewünscht.

Ich war natürlich verwundert und skeptisch (oder klarer gesagt: dagegen). Doch sie setzte sich durch.
Da ich mich mit solchen Geräten nicht auskenne, bat ich meinen Bruder, das Geschenk zu besorgen. Zwei Tage vor dem Geburtstag wurde das besagte Abspielgerät bei einem "großen Elektronik-Fachgeschäft" gekauft.
Und nun komme ich zum Wesentlichen.

Als ich das "Ding" sah, dachte ich: "Wie billig": das Gehäuse aus Kunststoff, die Tasten aus Kunststoff und dazu noch recht wackelig eingebaut, die Bedienung kompliziert.... Gut, es funktionierte, das Überspielen der Lieder vom PC klappte einwandfrei und schnell, aber sonst...

Ich wurde auf eine seltsame und mir unerklärliche Weise traurig. Anfangs verwirrte mich mein Zustand. Doch nach einiger Zeit erkannte ich die Ursache.

Meine Tochter konnte nicht abwarten, wann denn ihr Geburtstag endlich kommen werde. Sie freute sich so sehr auf das Geschenk, dass sie immer wieder davon sprach. Sie erzählte, was sie denn alles mit dem MP3-Player tun werde und wohin sie es überall mitnehmen wolle (für die langen Fahrten im Auto, auf die Urlaubsreise, ... aber nicht in die Schule. Nicht etwa, weil die Lehrer es verbieten, oh nein... Sondern weil man es ihr dort stehlen könnte (sic)).
Sie wollte mehrmals am Tag wissen, ob ich denn schon die von ihr ausgesuchten Lieder überspielt habe und wie das denn eigentlich funktioniere.

Schlicht und einfach: ES WAR FÜR SIE ETWAS BESONDERES!

Und da erkannte ich den Grund für meine Traurigkeit. Das Gerät, das in meinen Augen eine schlechte Qualität besaß, war in den kindlichen Augen zum Gipfel des Glücks und zum Ziel aller Träume geworden.

Warum? Weil vielleicht das"große Elektronik-Fachgeschäft" und mit ihm die anderen Konsorten es geschafft haben, die Aufmerksamkeit des kleinen Menschen, der von ihnen Konsument genannt wird, zu erobern; durch bunte Bildern, laute Musik und mit noch vielen anderen, sehr genau berechneten Strategien. Fürwahr, sie habe sich darum bemüht und sie haben es wirklich geschafft.

Und wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich meinem Kind wirklich etwas BESONDERES geschenkt habe, dann muss ich sagen: "Nein. Das Geschenkte hatte in diesem Fall die Freude, mit der es erwartet wurde, nicht verdient" und ich fühle mich als hätte ich mein Kind betrogen."

09 November 2006

... ein paar Gedanken zu Jona

"Haben Sie sich nicht auch schon mal gefragt, was Jonas Widerstand und seine sich zur Wut steigernde Haltung zu bedeuten haben? Und warum er als Prophet im Auftrag des Herrn eine so schlechte, ja tadelnswerte Figur macht?

Nicht nur, dass er anfangs nach Tarschisch also ans Ende der Welt fliehen will, und zu seiner Mission gezwungen werden muss. Sondern auch weil er später, schon in Ninive, den Auftrag ehe schlecht als recht erledigt. Für eine Stadt die so groß ist, dass man drei Tage braucht, um sie zu durchschreiten, nimmt er sich lediglich einen Tag Zeit, und statt einer flammenden Rede zur Umkehr spricht er lediglich einen recht einfachen Satz aus: „Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!“.

Warum verhält sich der Prophet Jona so halbherzig und ungehorsam?! Hat er etwa Angst um sein Leben verspürt bei dem Gedanken, in einer Großstadt predigen zu müssen? Fühlte er sich etwa der Rolle nicht gewachsen zu sein, wie David vor Goliath hinzutreten?
Die Lesung setzte an der Stelle an, an der es sicher ist, dass die Stadt gerettet wurde. Die Bewohner von Ninive haben auf das Wort des Propheten gehört. Sie – Menschen und Tiere, Rinder, Schafe und Ziegen – haben gefastet und Buße getan, worauf Gott die angedrohte Zerstörung der Stadt aufgehoben hat.

Warum aber in aller Welt gefällt das alles Jona nicht? Im Gebet das Jona an seinen Auftraggeber richtet, sagt er – und eine gewisse Empörung ist darin unüberhörbar - Habe ich das nicht gesagt, als ich noch daheim war? Es kam genau, wie ich es sagte.
Jona freut sich gar nicht über die Errettung der Stadt. Ganz und gar nicht. Er ist wegen des positiven Abschlusses der Mission, den er ohnehin erwartete, betrübt!

Spätestens hier wird einiges klar. Jona ist nicht feige gewesen! Nein! Noch vor seiner Beauftragung durch Gott muss etwas passiert sein, das ihm Unbehagen bereitet hat.
Könnte es denn sein, dass Jona die heiligen Schriftrollen sehr genau studiert hat, und dabei an einen Punkt gekommen ist, an dem ihm – Mitten in allen Vorschriften des Gesetzes - die Barmherzigkeit Gottes aufleuchtete?

Jona scheint gewusst zu haben, dass seine Mission nur ein Ende nehmen würde. Unter der Bedingung nämlich, dass die Bewohner von Ninive Buße tun würden, hätte Gott die angedrohte Strafe zurückgezogen.

Damit befinden wir uns aber mitten im Konflikt, den Jona in seinem Inneren austragen muss und vor dem er floh.
Es geht hier, so meine ich, um das Verständnis von Gerechtigkeit.

Jona hat gelernt und glaubt fest daran, dass Gott mit den Menschen/Juden einen Bund geschlossen hat. Zur Pflicht hat er dabei gemacht, dass seine Gebote eingehalten werden. Jona weiß und glaubt, dass derjenige gerecht ist, der die Gebote befolgt. Ein sündiges Leben wird bestraft. Doch seltsamerweise scheint Gott sich selbst an die von ihm gemachten Vorgaben nicht zu halten. Die Pflicht zur Einhaltung derselben Gebote relativiert er immer wieder durch seine Barmherzigkeit! Die Gnade die den Sündern von Ninive gewährt worden ist, wirkt auf Jona wie das Eintreten der schlimmsten Befürchtungen. Der innere Konflikt, der ihn zu Flucht vor dem Auftrag Gottes bewog, entzweit ihn jetzt so sehr (?), dass er sich lieber den Tod als das Leben wünscht.

Dieser innere Konflikt der ihn fast um den Verstand bringt, flammt noch einmal mit aller Gewalt vor den Toren der Stadt auf - Jona zieht es nämlich vor, als Gerechter, außerhalb der Mauern zu übernachten. (Auch eine Art von Flucht? Immer noch nichts gelernt) An zwei aufeinander folgenden Tagen handelt Gott an Jona. Und alles wirkt wie eine letzte Lektion, die am Höhepunkt der Erzählung Jona erteilt wird. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es in der ganzen Geschichte von Jona und den Bewohnern von Ninive darum geht, dem Propheten – und dadurch uns, den Hörern des Wortes – die Augen zu öffnen. (Oder vielleicht eher das Herz?)

Denn ist es nicht so, dass wir gerade die Erfahrungen lehrreich nennen und als wichtig erachten, die uns an unsere Grenzen geführt haben und dann über sie hinaus? Wie kostbar sind im Nachhinein die Erfahrungen der Tage, die wir im heißen Ostwind und sengender Sonne gemacht haben.
Auch Jona wird geprüft. Gott lindert zuerst seine Quallen, indem er einen Rizinustrauch wachsen lässt. Doch gleich am folgenden Tag wird Jona durch den heißen Ostwind und sengende Hitze provoziert, so dass er im Zorn Gott entgegnet „Ja, es ist recht, dass ich zornig bin und mir den Tod wünsche.“

Das Buch Jona endet mit einem mächtigen Paukenschlag, aber nicht mit Trompeten. Gott sagt: „Mir aber sollte es nicht leid sein um Ninive, die große Stadt in der mehr als 120 000 Menschen leben, die nicht einmal rechts und links unterscheiden können – und außerdem so viel Vieh?“ Und so bleibt nur die Stille der Bewunderung für die heilende Frage Gottes, die wie eine Antwort ist.

Die plötzliche und wunderbare Stille nach dem Sturm…
Nach dem Sturm der einem das Herz zerreißen wollte… "

05 November 2006

Nächstenliebe und Handydialoge

Gestern saß ich mal wieder in einem vollen Bus. Da stieg eine junge Frau ein, ihr Handy am Ohr. Die Fahrt dauerte 20 Minuten, das Gespräch auch.
Sie began ihre Unterredung, d.h. sie setzte sie wahrscheinlich fort, mit den Worten : "... wo war ich stehen geblieben ..?" Sie beendete ihr (eher Mono- als) Dialog kurz bevor der Bus die Haltestelle erreichte, an der sie aussteigen wollte.
In der S-Bahn, die ich als mein nächstes Verkehrsmittel wählen musste, dasselbe; mit dem unbedeutenden Unterschied, dass jene (ebenfalls 20-minütige) Unterredung auf Russisch geführt wurde. Wohin wird uns das führen, fragte ich mich.

Die Inhalte der "Handy-Gespräche" werden den zufällig Anwesenden, ob sie es wollen oder nicht, präsentiert. Die einzelnen Sätze schweben dann in den öffentlichen Verkehrsmitteln, in den Restaurants oder auf den Strassen, wie Sprechblasen über den Köpfen der Menschen. Das Mit-Geteilte wird, weil in den öffentlichen Raum hinein gesprochen, zum Mit-Gehörten und gelangt über das ungeschützte Ohr in uns.

Ein Teil des Mit-Geteilten war auf diese Weise gestern in mir... Die Geste des Teilens kann ich sehr gut christlich interpretieren und als etwas Positives auffassen. Doch gestern hat mich die vierzigminütige "Portion" mehr als gesättigt.

Was unterscheidet solche "Handy-Gespräche" von den gewöhnlichen "Telefongesprächen", aber vor allem von den Gesprächen, die bei gleichzeitiger, räumlicher Anwesenheit der Dialogpartner stattfinden?
Warum scheint es den (leidenschaftlichen) Handy-Telefonierern nichts auszumachen, auf dem Podest zu stehen? Welches unheimliche (oder heimliche) Vergnügen bereitet es ihnen, sich auf diese Weise mitteilen zu können? Ist es eine Form des erlaubten (im Sinne von: nicht tabuisiert) Exhibitionismus?
Kann dieses Verhalten etwas Gewichitges über den Zustand unserer Gesellschaft aussagen?

Ist hier aber womöglich meine Nächstenliebe gefragt, die erduldet..?

30 Oktober 2006

Einladung

Wer heute Abend in Frankfurt/Main sein sollte,
dem sei der Besuch im Fankfurter Dom empfohlen:
ein Gebetsabend...

"Gott anschauen und mit ihm ins Gespräch kommen. Mit Lobpreis & Anbetung"

29 Oktober 2006

Verabschiedung des Sommers

Heute einen langen Spaziergang (eigentlich eine Wanderung) gemacht und die letzten Spuren des Sommers gefunden... genossen...
Hier einige Impressionen
Seltsamerweise ab und zu den Gedanken gehabt, ob wir, Menschen, noch lange das göttliche Schöpfungswerk bewundern werden können, denn bekanntlich:

"... homo homini lupus ..."




deo gratias

28 Oktober 2006

1:6 :-(

Heute mal etwas anderes...

Ein Gruß geht nach Bremen,
nachdem die beste Mannschaft der Bundesliga
unserem Team am gestrigen Freitag gezeigt hat,
wie Fußball gespielt wird.

24 Oktober 2006

Der Hirte und seine Herde

Gestern bei der Veranstaltung keep in touch gewesen: es war ein Gebetsabend, zu dem auch der Limburger Bischof Kamphaus eingeladen wurde. Keep in touch ist eine Initiative der Gemeinschaft Emmanuel. Man kann bezüglich der Art und Weise der Amtsführungung von Bischof Kamphaus unterschiedlicher Meinungen sein, aber nicht das sollte hier der Gegenstand von Überlegungen sein. Stattdessen will ich von einem Bild erzählen, das sich mir an dem Abend aufgedrändt hat und das ich, ehrlich gesagt, sehr genossen habe. Irgendwie hat mich nämlich die Vorstellung begeistert, dass hier der Hirte inmittten seiner Herde steht.
Wenn ich es mir recht überlege, habe ich dann gedacht, ist es eigentlich gar kein Bild sondern vielmehr ein Real-Symbol ...
Wir alle, die Priester und das Volk, sind in diesem Moment biblisch gesprochen die Kirche schlechthin. Warum? Eben weil wir, die Herde und der Hirte, gemeinsam vor Gott stehen. Auch die Schlichtheit der getragenen lturgischen Kleidung (Albe und Stola) hat das Wesentliche vom christlichen Selbstverständnis unterstrichen, geht es doch im Kern der irdischen Dimension der Kirche um das gemeinsame Wachen und Beten des Volkes Gottes vor Gott.

21 Oktober 2006

Trinität im Alltag - Erwiderung

Den Eintrag vom 11. Oktober hat Anonym kommentiert: "... es geht vielmehr darum, sie [die Begriffe] zu leben, indem man ... anderen sagt [sic], dass es mehr gibt als die nackte Materie".
Ich beobachte, dass Anonym in diesem Fall duchaus vom Reden spricht.

Zum innersten Kern der christlichen Botschaft gehören die erwähnten Begriffe:
Schöpfung, Inkarnation, Trinität und Erlösung
durchaus nicht beiläufig sondern wesentlich.

Anonym muss also klar stellen, ob er mit dem Ausdruck "mehr als die nackte Materie" auch diese Begriffe meint. Wenn das der Fall sein sollte, dann müsste er meiner Meinung nach auch den Christen eingestehen können, dass sie allemal in der Lage sein sollten, im Alltag von Schöpfung, Inkarnation, Trinität und Erlösung sprechen zu können.
Andernfalls wird unser Christentum doch irgendwie beliebig.

20 Oktober 2006

Glückliche Aufnahme

Mit viel Freude erfuhr ich
- aus Wien (thanx Georg und Pax vobis) -
von der Aufnahme in Blogroll von Katholon...

Ich danke und fühle mich sehr geehrt.

Momentan - voraussichtlich bis Sonntag - stecke ich bis über beide Ohren in der Arbeit.
Angesichts vieler Beiträge über verwahrloste Kinder bereite ich eine Reportage
über ein Kinderthema vor.
Ein herzlicher Gruß und Dank ergeht in dem Zusammenhang auch an P. Bieger SJ

11 Oktober 2006

Trinität im Alltag

Durch die kurze Bemerkung (Credo ut intelligam) auf die Handreichung der Glaubenskommision der deutschen Bischöfe zum Thema Trinität aufmerksam gemacht, begann ich mit der Lektüre.
Ich bin im ersten Teil, der den Trinitätsglauben im Kontext der Postmoderne beschreibt, auf den Satz gestossen:

"Die zentralen Begriffe des christlichen Glaubensbekenntnisses
- Schöpfung, Inkarnation, Erlösung, Trinität -
verflüchtigen sich auf Grund einer zunehmenden Trennung alles Sicht- und Fassbaren von der Sphäre der Transzendenz." (S. 23)

Ich muss feststellen, dass auch ich in diesem Fall ein Kind der Postmoderne bin, insofern ich im Alltag mit den genannten Begriffen nicht operiere.
Wann habe ich denn zuletzt in irgendeinem Gespräch: mit Arbeitskollegen, Zuhause oder bei zufälligen Begegnungen von Schöpfung oder Inkarnation gesprochen? Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern...
Ach ja, doch... Es war die Exegese-Prüfung. (!) Ansonsten scheinen Schöpfung, Inkarnation, Trinität und Erlösung die Gegenwart kaum zu berühren. (!)
Sind unsere christlichen Begriffe tatsächlich alltagsirrelevant? (!)

Ich fahre mit der Lektüre fort, lade zu Diskussion ein und melde mich demnächst mit weiteren Überlegungen.

05 Oktober 2006

Hallo

Ende Septenber habe ich angefangen im Blog zu veröffentlichen.
Ich bin ein völliger Neuling in der Blogosphäre
und hoffe, dass Ihr an meinen bisherigen drei Einträgen
Gefallen gefunden habt.

Ich bin dankbar für jeden (noch so) kritischen Beitrag.

Bis zum nächsten Mal.

03 Oktober 2006

Der Oktober 2006 begann trüb

Schon nach einem kurzen Blick auf die Bäume,
deren Blätter ihr sommerliches Grün verlieren, wird mir deutlich,
dass die rasante Entwicklung unserer multimedialen Realität eines unbeachtet läßt:
die Vergänglichkeit .

Immer besser funktionierende Hard- und Software,
immer schnellere Prozessoren,
sowie all die neuen, neueren und neuesten Geräte...
Den Blick in die Zukunft gerichtet, strecken wir nach ihnen die Hände aus.
Gibt es wirklich nur die Zukunft für uns?
Bei all der Realität, ver-geht uns da nicht die Wirklichkeit? Diese, das Leben konstituierende, Einheit aus "schon gewesen", "gerade da" und "noch nicht"?

Es ist wahrscheinlich doch gar nicht so witzig, wenn die "ZEIT" einen Friedhof für Blogs einrichtet, über dessen Eingang zu lesen ist:

Hier ruhen Weblogs, an denen wir zu ihren Lebzeiten Freude hatten.
Alles ist endlich.

28 September 2006

"Saturn" in Mainz eröffnet

Eröffnung um 6.00 Uhr! Man bedenke es ...

Eine Menge Menschen strömt hinein. Sie schauen, suchen, fragen... Musik dröhnt aus einem zu laut eingestellten Ghetto-Blaster. Eine Dame empört sich darüber.

Die Verkäufer sind freundlich, die Menschen aber suchen weiter und fragen weiter.

An den Kassen bilden sich lange Schlangen. Käufer mit kleinen Päckchen und grösseren Paketen stehen dicht hintereinander. Manch einer scheint glücklich zu sein etwas erworben zu haben. Die meisten wirken aber traurig.

und die Menschen suchen aber und fragen weiter...

22 September 2006

Exekutierte Nonne verzeiht den Tätern

Die Kontroverse um die Rede des Papstes fordert ihr erstes Opfer.

Am 17. September 2006 wurde die 66 jährige katholische Ordensfrau, Leonella Sgorbati, erschossen. F.A.Z. vom 22.09.06
Kurz bevor sie starb, hat sie ihren Henkern vergeben.

Wir kennen den Tod nicht, wir die aufgeklärten Menschen der Gegenwart; kommt er doch für die meisten überraschend. In der modernen Welt wird an ihrem Rande gestorben: leise und unbeobachtet, im Krankenhaus oder Hospiz. Den gewaltsamen Tod präsentieren uns die Medien hingegen in verschiedenen Formaten. Wir wissen, dass gestorben wird, aber wenig darüber wie.

Und dann diese Nonne, auf offener Strasse erschossen…
Plötzlich und ungewollt vor das Ende ihres Lebens gestellt, spricht Schwester Leonella drei Worte:
„Perdone, perdone, perdone…
ich vergebe, ich vergebe, ich vergebe…“

Von sieben Kugeln getroffen, nimmt sie das Ende an und verleiht dem Leben eine letzte Gültigkeit.